Immer wieder werden wir von Kunden auf die Meldungen des Konsumentenschutzes angesprochen. Obwohl schon Vieles gesagt ist, ist Vieles total unklar. Ich versuche hier das Eine oder Andere nochmals klar zu stellen, bin aber überzeugt, dass weiterhin Fragen offen bleiben werden.
Lassen Sie uns mit den Fakten beginnen. Im Zusammenhang mit der Revision des Fernmeldegesetzes hat sich der Gesetzgeber dafür ausgesprochen, dass in der Schweiz das sogenannte OptOut-Verfahren in der telefonischen Werbung gelten soll. Konkret heisst das, dass sich der Konsument auf eine Liste eintragen lassen kann, wenn er keine Werbeanrufe erhalten möchte. Da keine solche Liste bestand, nahm man kurzerhand die Liste der Stern-Eintragungen der Swisscom Directories. Der Stern bedeutete damals, dass es der Swisscom nicht erlaubt war, diese Daten zu Werbe- und anderen Zwecken an Dritte weiter zu geben. Lange Zeit wurde dieser Stern bei Neuanmeldungen als Standard gesetzt und der Konsument wusste nicht einmal, dass er einen Stern im Telefonbuch hatte.
Was war das Ziel der UWG-Revision?
Inzwischen wurde die Menge der Anrufe vor allem in den Herbstmonaten, wenn die Krankenversicherungen ihre Hauptverkaufssaison haben, bei den Konsumenten unerträglich. Mit der UWG-Revision wurde die Sternliste für verbindlich erklärt und ab sofort brauchte man eine Bewilligung, wenn man den Konsumenten anrufen wollte, ein sogenanntes OptIn. Wie meistens gibt es einige Ausnahmen:
- Wenn bereits eine Kundenbeziehung bestand, braucht es kein OptIn und der Sterneintrag wird ausgehebelt.
- Wenn man bei einem Wettbewerb oder sonst irgendwo die Erlaubnis erteilt hat (meist im Kleingedruckten aufgeführt), ist der Sterneintrag ungültig.
Aufgrund dieser Ausnahmen gibt es viele Konsumenten, die der Meinung sind, sie seien über den Sterneintrag geschützt, haben aber selber die Hintertür geöffnet, womit sich das Problem nicht verändert hat. Im 2015 gab es über 28‘000 Klagen beim SECO aber nur gerade 28 konnten belangt werden.
Wie verhalten sich die Schweizerischen Call Center Dienstleister, wie Callpoint AG
Die seriösen Anbieter sind im Schweizerischen Call Center Verband CallNet.ch zusammengeschlossen. Diese halten sich seit Anfang der 90er Jahre an einen selbstauferlegten Ehrenkodex, welcher strenge Regeln zum Schutze der Konsumenten definiert hat. Mit Einführung des neuen UWG wurden zusätzlich Prozesse umgesetzt, welche die Einhaltung der Sterneinträge sicherstellt. Des Weiteren werden die MitarbeiterInnen laufend geschult und überprüft, dass alles ordnungsgemäss funktioniert.
Wo liegt denn das Problem?
Trotz all dieser Massnahmen hat die Anrufmenge nicht abgenommen. Mit der öffentlichen Diskussion ist die Erfolgsquote im Telemarketing massiv gesunken, so dass das Geschäft in der Schweiz nicht mehr betrieben werden konnte. Da die Versicherungen und allen voran die Krankenversicherungen immer noch am Prinzip der Abschlussprovisionen für Vermittler festhalten, existiert hier nach wie vor ein interessanter Markt. Die telefonische Terminvereinbarung hat sich in den Kosovo, nach Serbien, Kroatien etc. verlagert. Im Gegensatz zur Schweiz, wo ein Call Center Agent einen durchschnittlichen Monatslohn von CHF 4250.00 verdient, sind es in diesen Ländern zwischen CHF 400.00 – 600.00, was absolut ok ist, weil die Leute sonst ja gar keine Arbeit hätten. Mit diesen Kosten wurde das planlose Telefonieren nun wieder richtig attraktiv. Und da die Schweiz weit weg ist, ist auch das Schweizer Datenschutzgesetz sowie das UWG leicht zu umgehen. Damit der Konsument nicht merkt, dass man aus dem Ausland anruft, bedient man sich dem sogenannten Spoofing. Vor die ausländische Telefonnummer, wird eine Schweizernummer gestellt. Der Konsument ist der Meinung, dass der Anruf aus der Schweiz kommt, die Anrufenden aber fast kein Deutsch und schon gar kein Schweizerdeutsch sprechen.
Was kommt als nächstes?
Anlässlich eines Rundentisches der Konsumentenschutzorganisationen mit den Telekomanbietern hat man sich darauf verständigt, eine technische Lösung auf Netzebene einzuführen. Für den Branchenverband Callnet.ch war es wichtig, dass mit neuen Gesetzgebungen oder technischen Lösungen nicht die qualitätsorientierten Schweizer Firmen weiter benachteiligt werden - diese halten sich bereits heute an die Gesetze sowie an die Selbstregulierung (Ehrenkodex). Sondern dass Lösungen gefunden werden, welche unlautere Anrufe auf Sterneinträge aus dem Ausland verhindern. Swisscom wird nun wohl Ende 2016, UPC Mitte 2017 eine Lösung anbieten können. Bei Sunrise geht man davon aus, dass die Einführung eines Werbefilters mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen wird. Salt hat sich bis jetzt von solchen Lösungen distanziert. CallNet.ch kann zu solchen Lösungen eine Whitelist mit allen Nummern von www.werruftmichan.ch beitragen.
Wohl nicht der Weisheit letzter Schluss
Das Problem bei all diesen Lösungen ist, dass sie nur eine „Pflästerli-Politik“ darstellen und sehr schnell wieder eine Umgehung ausgedacht ist. Mit der Annahme, dass etwa 80% der unsäglichen Anrufe von Krankenversicherungsvermittlern ausgeht, könnte man versuchen diese in die Pflicht zu nehmen. Rechtlich gesehen läuft aber auch dies ins Leere, da die Vermittler, da sie lediglich Termine bei den ausländischen Call Centern einkaufen, nicht einmal als Mittäter in Frage kommen. Allenfalls wäre etwas zu erreichen, wenn die Branchenverbände santésuisse und curafutura im Zusammenhang des VAG Art. 40 bezüglich Informationspflicht, Stichprobenkontrollen einführen würde, welche die Herkunft der vermittelten Verträge betrifft, um so die «Übeltäter» identifizieren zu können.
Fazit
Das Thema wird mit den nächsten Massnahmen auf eine neue Ebene gebracht mit weiteren Benachteiligungen für die lokale Wirtschaft. Die technischen Lösungen werden im Nu ausgetrickst und fördern zusätzliche kriminelle Energie. Die Konsumenten werden weiterhin mit unsinnigen Telefonaten belästigt. Und so dreht sich die Erde weiter bis zum nächsten Kapitel einer unendlichen Geschichte.