Alljährlich, kurz vor der Sommerflaute und dann nochmals, im Herbst zur Verkaufshochsaison flammt das Thema von neuem auf: Wann ist endlich Schluss mit den lästigen Werbeanrufen? Paradox an der Situation ist, dass man immer mehr Regeln und Massnahmen einführt und sich die Situation trotzdem kein bisschen entspannt. Oder doch?
Blenden wir zurück in die Anfänge des Telemarketings in der Schweiz Anfang der 90er Jahre. Bereits damals, also vor 25 Jahren hat sich die Branchenorganisation der Telemarketing-Agenturen Schweiz (TEMAS) einen Ehrenkodex auferlegt, welcher die Art und Weise, wie mit dem Konsumenten am Telefon gesprochen wird auferlegt. Schon damals fühlten sich die Konsumenten durch das Telemarketing belästigt. Mit der Einführung der ISDN-Telefonie und der Möglichkeit Stunden oder gar Tage zurückzublenden und auf dem eigenen Telefon zu erkennen, wer einem angerufen hat, wurde das Problem plötzlich akut. Die Sichtbarkeit der Anrufe, obwohl es gar nie zu einem Gespräch kam, wurde massiv grösser.
In den umliegenden europäischen Ländern wurde daraufhin das sogenannte OptIn-Verfahren eingeführt. Konkret heisst das, dass der Anrufer eine Einwilligung braucht, um einen Konsumenten kontaktieren zu dürfen, ausser es besteht bereits eine Geschäftsbeziehung. In der Schweiz ist der Gesetzgeber einen anderen Weg gegangen. Er hat sich für das OptOut-Verfahren entschieden, bei welchem sich der Konsument auf einer Liste eintragen kann und so signalisiert, dass er nicht angerufen werden möchte. Auch hier gibt es den Passus, dass eine bestehende Geschäftsbeziehung davon ausgeschlossen ist. Da es bereits eine solche Liste in Form der Sterneinträge gab, hat man diese Liste genommen und als verbindliche OptOut-Liste deklariert.
Was ist seit der Einführung des neuen UWG geschehen?
Was kommen musste, kam auch so. Die Schweizer Telemarketingdienstleister, welche im Branchenverband CallNet.ch zusammengeschlossen sind, diese machen in etwa 80% des Marktes aus, haben Prozesse und Systeme eingeführt, um dem neuen UWG gerecht zu werden. Gleichzeitig ist etwa die Hälfte der Arbeitsplätze, welche sich mit Werbeanrufen an Konsumenten beschäftigt haben, verschwunden. Die grossen Auftraggeber, wie Telcos, Versicherungen oder Medienhäuser haben sich mehrheitlich von „Kaltanrufen“ distanziert und nutzen das Telefon nur noch in Verbindung mit anderen Marketingaktivitäten.
Die Call Center Dienstleister in der Schweiz sind gerade daran einen GAV zu implementieren, welcher Mindestlöhne vorschreibt und das Kostenniveau weiter antreibt. Aus wirtschaftlichen Gründen ist die Art und Weise, wie „lästige Werbeanrufe“ getätigt werden, gar nicht mehr realisierbar, ausser man kann zu massiv tieferen Lohnkosten produzieren und gleichzeitig aus einem rechtsfreien Raum operieren. Und genau das geschah in den letzten Jahren. Wenn man die Beschwerden beim Seco genauer analysiert, kommt folgendes heraus:
- Die Anrufer sprechen nur sehr gebrochenes Deutsch
- Die Herkunft kann nicht eruiert werden, da sich die Spur irgendwo im Ausland verliert
- Die Anrufer halten sich an keine Regeln, weder an das UWG noch an den Ehrenkodex, welcher einiges weiter geht
Nächste Welle: Technische Rufnummern-Filter
Der nächste Schritt sind nun technische Rufnummern-Filter, welche die Swisscom, UPC, Sunrise und Co. einführen sollen. Das wiederum bringt grosse Gefahren und eine weitere Benachteiligung der lokalen Wirtschaft mit sich:
- Technische Lösungen können immer irgendwie ausgetrickst werden und fördern weiter die kriminelle Energie möglicher Nutzniesser.
- Es kann nicht unterschieden werden, ob zum Beispiel ein inländisches Unternehmen, welches sich an die gesetzlichen Vorgaben hält, im Rahmen einer Kundenaktivität das Telefon einsetzt oder ob es sich um ein Unternehmen handelt, welches eben „belästigende Kaltanrufe“ tätigt und die lokalen Gesetze nicht einhält.
Eine weitere Schwächung des Wirtschaftsstandortes bei gleichzeitiger Schwächung des Wettbewerbs ist die Konsequenz, was letztlich nicht zum Wohle der Konsumenten ist.
Wann sind Werbeanrufe lästig und wie geht man damit um
Zuerst einmal muss man die Situation etwas relativieren. Im 2015 wurden beim Seco 27‘908 Beschwerden deponiert, weil diese Konsumenten, trotz Sterneintrag, einen Anruf von einem Unternehmen erhalten haben. Daraus kam es zu 28 Strafklagen. Der grösste Teil der Beschwerden sind nicht relevant, weil z.B.
- mit dem Unternehmen eine Geschäftsbeziehung besteht
- der Sterneintrag durch ein OptIn, zB. im Rahmen einer Wettbewerbsteilnahme, neutralisiert wurde
- der Anrufende nicht lokalisiert werden kann
Letztlich ein gigantischer Aufwand auf der Seite des Staates und der korrekt agierenden Firmen und wofür genau? Die gute Nachricht ist, im Normalfall entsteht keinem Konsumenten einen finanziellen, physischen oder psychischen Schaden. Die schlechte Nachricht: Ja es nervt.
Sie finden hier weitere Informationen zum Thema>
Tipp
Ärgern Sie sich nicht und nehmen Sie es locker!
In einer freien Marktwirtschaft gilt es die Spiesse für alle Marktteilnehmer möglichst gleich lang zu halten. Nur ein fairer Umgang untereinander ist nachhaltig und schafft ein Gleichgewicht, welches letztlich zu fairen Preisen, lokalen Arbeitsplätzen und einer prosperierenden Gesellschaft führt. Callpoint betreibt an drei Standorten in der Schweiz Call Center und beschäftigt zu fairen Bedingungen über 500 Mitarbeitende. Das Unternehmen ist seit Jahren mit dem Gütesiegel Telemarketing ausgezeichnet und neu auch ISO 9001:2008 und EN 15838:2009 zertifiziert.
Wir unterstützen die Bemühungen des Bundes und CallNet.ch für Fairness in der Werbung und zum Erhalt einer offenen Schweizer Wirtschaft. Helfen Sie mit!